Die Geschichte

von Maria Wörth

Das malerische Maria Wörth am Südufer des Wörther Sees ist eine der reizvollsten Landschaftsperlen im Kranze kärntnerischer Schönheit. Wenn des Nachts seine gotische Wallfahrtskirche angestrahlt wird, leuchtet sie von ihrer Halbinsel, die bis 1770 eine richtige Insel war, weit über den See hinaus. Wie ein unwahrscheinlich schönes Märchen empfindet mancher Beschauer diesen ehrwürdigen Zeugen einer großen Vergangenheit. Zehntausende Urlaubsgäste besuchen alljährlich Maria Wörth, um hier die Geschichte und Kultur des Wörther Sees gleichsam aus erster Hand zu erleben.

Maria Wörth Geschichte

Bereits im Jahre 763 hatte das bayrische Bistum Freising durch Herzog Tassilo III. Landbesitz in der Gegend von Innichen – jetzt San Candido – im Pustertale erhalten. Mit dieser Schenkung hatte Freising aber auch den herzoglichen Auftrag übernommen, die im Osten davon lebenden heidnischen Karantanen zum Christentum zu bekehren. Knapp zuvor waren die Bayern erstmals von den Slawen nach Karantanien, so hieß Kärnten am beginnenden Mittelalter, gerufen worden, weil diese das bittere Awarenjoch abschütteln wollten. Die Bayern waren gekommen, wiesen gemeinsam mit den Slawen die Awaren aus dem Lande und blieben nunmehr die Herren in Karantanien. Um das Jahr 830 oder wenige Jahrzehnte später erfolgte von Innichen aus durch das Bistum Freising die Tochtergründung Maria Wörth auf der Insel im großen See.

In Maria Wörth selbst wurde bereits um das Jahr 875 auf dem höchsten Plateau der Insel eine Marienkirche errichtet. Unter Bischof Waldo wurden die Reliquien der Heiligen Primus und Felizian, welche unter den heidnischen Kaisern Diokletian und Maximian in den Jahren 286 und 287 den Märtyrertod erlitten hatten, von Rom nach Maria Wörth gebracht und hier in der Krypta feierlich beigesetzt. Dadurch gelangte diese Kirche als Missionszentrum am Wörther See bald zu hohem Ansehen und wurde zu einem besonderen Verehrungsmittelpunkt. Man versuchte sogar, den See, der damals noch keinen richtigen Namen besaß, als „lacus S. Primi et Feliciani“ zu bezeichnen. Dieser Name drang jedoch nicht durch, und es blieb beim Werder- also Inselsee.

Segelregatta_(c)woerthersee.com, Steinthaler Gert
Karibik der Alpen_1_(c) Wörthersee Tourismus GmbH, Foto Gerdl
Kapuzinerinsel vor Pörtschacher Landspitz_(c)woerthersee.com, Steinthaler Gert

Bischof Abraham von Freising (957 – 993) weilte längere Zeit in Maria Wörth, um den weiteren politischen Wirren jener Jahre zu entgehen. Hier enthielt sich der Bischof zwar jeder politischen Tätigkeit, entfaltete aber ein fruchtbares religiöses Wirken und gründete von seinem Inseldomizil aus in der Umgebung mehrere Kirchen, weshalb der Bischof weitere Priester nach Maria Wörth berief. Er schenkte der Mutterkirche am Wörther See auch zahlreiche Wertgegenstände wie neue Messgewänder, silberne Kelche mit Patenen, zwei schöne Rauchgefäße, wertvolle Messbücher, scharlachrote Altartücher, eine Lebensbeschreibung der Heiligen Primus und Felizian und zahlreiche wertvolle, handgeschriebene Bücher.

Die Bedeutung von Maria Wörth als geistiges, wirtschaftliches und kolonisatorisches Zentrum im Herzen von Kärnten wuchs in der Folgezeit immer mehr an, so dass Bischof Otto I. von Freising, ein Sohn des Markgrafen Leopold III., des Heiligen, und ein hervorragender Geschichtsschreiber des Hochmittelalters, zwischen 1146 und 1150 in Maria Wörth das zweite Kollegialstift in Kärnten gründete.

Nunmehr wurde die bisherige Marienkirche mit der Ruhestätte der beiden römischen Märtyrer in Maria Wörth zur Propsteikirche erhoben. Für den laufenden Pfarrgottesdienst aber wurde hier eine zweite, kleinere Kirche erbaut oder ausgebaut, die unter dem Namen Rosenkranz- oder Winterkirche noch heute besteht. Sie wurde 1155 vom Bischof Roman von Gurk geweiht und besaß auch einen Friedhof, der später allerdings aufgelassen wurde.

Als „Winterkirche“ wurde die neue Pfarrkirche deshalb bezeichnet, weil die Jahrestage jener Heiligen, welche in ihr verehrt wurden, in den Winter fielen. Der Propstei Maria Wörth zollte man im Lande eine besondere Hochachtung. Ihre Pröpste besaßen in der Landschaft, der Ständevertretung in Kärnten, sogar Sitz und Stimme.

Maria Wörth Geschichte
Maria Wörth Geschichte
Der Wörthersee im Bild_5_(c) Wörthersee Tourismus GmbH, Foto Assam

In den folgenden Jahrzehnten erlebte die Propstei Maria Wörth allerdings auch bittere Schläge. Während der kaiserlosen Zeit versuchten einige Adelige in Kärnten, sich an kirchlichem Vermögen schadlos zu halten. So überfiel der Burggraf von Hollenburg mit seinen Knappen die Propstei auf der Insel, brach die Kirchentore auf und plünderte die Gotteshäuser aus. Als der Kaiser wieder geordnete Verhältnisse geschaffen hatte, stiftete Propst Heinrich im Jahre 1278 in Maria Wörth einen Karner zu Ehren der Heiligen Katharina, Elisabeth und Magdalena, und in Verbindung mit ihm wurde eine neue Pfründe für einen Dekan geschaffen, damit dieser im Karner jeden Montag für die Verstorbenen eine Messe lese. Dieser ehrwürdige Karner steht noch heute im Südosten der Stiftskirche; er gilt inmitten der schmiedeeisernen Grabkreuze als Mahnmal der Vergänglichkeit allen irdischen Lebens und vollendet die dreigliedrige Bautengruppe auf der Halbinsel zu einem einmalig schönen und stimmungsvollen Bilde.

Im Jahre 1399 wurden die Stifts- und Pfarrkirche auf der Insel ein Raub der Flammen. Beide Kirchen wurden zwar wieder aufgebaut, doch ging die Arbeit sehr langsam vonstatten. Erst um das Jahr 1420 war die kleine Pfarrkirche wiedererstanden, allerdings mit gotischen Fenstern. Etliche Jahrzehnte später war auch die Propsteikirche, und zwar diesmal in gotischem Stile, wieder hergestellt. Später erhielt diese historische Wallfahrtskirche eine wunderschöne barocke Ausstattung.

Um 1500 schien der Stern Freisings am Wörther See zu erlöschen. Schon in den Jahren zuvor sank die Propstei zu einer Sinkure herab, also zu einer Pfründe ohne Amtsgeschäfte. Kaiser Maximilian I. übergab schließlich die Propstei Maria Wörth dem St.-Georgsritter-Orden in Millstatt.

Mit der Übergabe an den Jesuitenorden am 25. Juli 1598 hat die zweitälteste Propstei in Kärnten zu bestehen aufgehört, denn der neue Orden kannte keine derartigen Einrichtungen. Als 1773 Papst Klemens XIV. den Jesuitenorden verboten hatte, wurde Maria Wörth eine weltliche Pfarre. Als im Jahre 1809 das Benediktinerstift St. Paul im Lavanttal wieder eröffnet wurde, hat man die Pfarre Maria Wörth gemeinsam mit der Herrschaft Leonstein bei Pörtschach dem Lavanttaler Stift übergeben, das nunmehr auch das Patronat über die ehemals freisingische Stiftung ausübt. In den Jahren Kaiser Josefs II., der die kirchliche Belange in seiner Monarchie neu regelte, schloss sich das feste Band zwischen der Insel Maria Wörth und dem Festlande, so dass man nun ohne Brücke jenen schönen Erdenflecken betreten konnte, der eine der ältesten Kirchen unseres Landes trägt.

Wörthersee Architektur_Herbst_(c) Wörthersee Tourismus GmbH, Foto Gerdl
Guten Morgen am Wörthersee_(c) Wörthersee Tourismus GmbH, Foto Gerdl
Maria Wörth Geschichte

Seine sakralen Werke

Die ehemalige Stiftskirche erhebt sich inmitten des Friedhofes sehr stimmungsvoll etwa 20 m über dem Seespiegel auf dem höchsten Plateau der Felseninsel. Ein überdachter Stiegenaufgang führt zur Kirche empor und durch ein spätgotisches Rundbogentor betritt man den Friedhof mit seinen kunstvollen, schmiedeeisernen Grabkreuzen. Von der ehemals romanischen Kirche sind nur noch das schöne Südportal mit drei Rücksprüngen aus dem 12. Jahrhundert, kleine Teile des Langhauses und die Krypta vorhanden. Rechts des Portales zeigt sich der Bauabschluss der spätgotischen Anlage mit einer Opfernische, darin sind ein Relief, vermutlich den hl. Primus darstellend, und ein Wappenschildchen des Baumeisters Lienhart Märtl mit der Jahreszahl 1540 zu sehen. Der Baumeister Märtl war hier seit 1517 tätig und hat den gotischen Kirchenbau 1540 vollendet. Die Südfront schmückt ferner ein Ölbergfresko aus 1521. Von der äußeren Westwand des würdigen Sakralbaues blickt ferner ein riesengroßer Christophorus aus dem Jahre 1658 auf die vielen Besucher nieder. Das Innere der Kirche ist in ein zweischiffiges Langhaus mit wuchtigen Strebepfeilern geteilt. Die beiden gotischen Chore sind in fünf Seiten des Achteckes geschlossen. In dem um fünf Stufen überhöhten Hauptchor befindet sich ein einfaches Sternrippengewölbe mit halbrunden Diensten und Schlusssteinen. Die Kirche besitzt eine vornehme, kunstvolle Einrichtung. Im Hochchor steht am barocken Hochaltar von 1658 das spätgotische Gnadenbild der Madonna, welches etwa aus dem Jahre 1460 stammt. Es wird flankiert von den Statuen der Heiligen Primus und Felizian. Im Aufsatz zeigt ein Gemälde die Krönung Mariens im Himmel. An der Südwand des Chores befindet sich ein weiteres Gnadenbild aus Italien, das Papst Paul II. im Jahr 1469 geweiht hat. Hier hängen auch zwei gotische Tafelbilder, die Kirchenväter Gregorius und Hieronymus darstellend; die Tafeln stammen vom ehemaligen gotischen Flügelaltar, der in der Ära der Jesuiten dem Barock weichen musste.

Im Hauptschiff steht ein barocker Kreuzaltar, der sich um den prächtig geschnitzten Kruzifixus aus dem frühen 16. Jahrhundert gruppiert. Daneben befindet sich die graziöse Kanzel, ein vorzügliches Werk mit reichem plastischem Schmuck aus dem Jahre 1761; ihre in Silber gehaltenen Reliefschnitzereien sind eine besondere Sehenswürdigkeit. In der Mitte der Treppe, die vom Langhaus zum Hauptchor führt, befindet sich der Abgang zur romanischen Krypta, wo mehrere Säulen ein eindrucksvolles Kreuzgewölbe tragen, das die Jesuiten im 17. Jahrhundert mit Rankenmustern versehen ließen. An den Wänden der Krypta entdeckt man schlecht erhaltene Fresken des 15. Jahrhunderts. Hier ruhen die Titelheiligen der ehemaligen Inselkirche, die Märtyrer Primus und Felizian. In der renovierten Rosenkranzkirche wird im Sommer für die evangelischen Gäste der Gottesdienst gefeiert. So hat Maria Wörth in den letzten Jahren den ökumenischen Gedanken in die Tat umgesetzt. Westlich der Stiftskirche erhebt sich auf einem bescheidenen Hügel die kleine, romanische Winterkirche. Ihre einstige Friedhofmauer ist noch vorhanden. Die Kirche besitzt im Westen eine hölzerne Vorhalle und einen quadratischen Chor. Der Zwiebelhelm auf dem hölzernen Dachreiter ist ein Werk des Barock. Neben dem rundbogigen Westportal sieht man eine Opfernische mit der Jahreszahl 1524.

Der Wörthersee im Bild_3_(c) Wörthersee Tourismus GmbH, Foto Gerdl
Maria Wörth Geschichte
Aussicht vom Kraftplatz am Kathreinkogel_(c) Wörthersee Tourismus GmbH

Diese Kirche erhielt nach dem Brand von 1399 ihre jetzige Gestalt. Auch die Winterkirche besitzt verschiedene sakrale Werke. Am meisten bewundert werden in ihrem Chor die romanischen Fresken aus dem 12. Jahrhundert, die zu den wertvollsten Denkmälern der frühmittelalterlichen Malkunst in den Alpenländern zählen und 1895 aufgedeckt wurden. Sie stellen den thronenden Christus dar, umgeben von den zwölf Aposteln, die allegorisch auf die Himmelfahrt hinweisen.
Aus: Matthias Maierbrugger, Ferien am Wörthersee, Klagenfurt 1974

Ein unsterbliches Kärntner Lied und ein romantischer Grabstein

An der Ostseite der Kirche von Maria Wörth befindet sich ein Grabstein mit der Inschrift: „Ottilie von Herbert, geboren den 18. Juli 1825, verunglückt im Wörthersee am 26. September 1847. Ich will wiederkommen und euch zu mir nehmen, damit ihr dort seid, wo ich bin.“

In jener verhängnisvollen Septembernacht fand Ottilie von Herbert bei einer Bootsfahrt den Tod. Fand sie ihn freiwillig? War es ein Kentern des Bootes im nachtdunklen See? Am Klavierpult der Baronesse Ottilie von Herbert fand man ihre ergreifend schöne Moll-Komposition mit dem traurigen Text: “ I tua wohl, i tua wohl / als wann ma nix war,/ aber drin in mein herzen,/ da is ma so schwar….“

Maria Wörther Elegie in memoriam Ottilie von Herbert

Hinter seegetränkten Mauern
Ruhen Mägde, Fischer, Bauern;
An der Ostseit‘, gegen Morgen,
Schläft ein Mädchen tief verborgen.

Ein kleines Schloss in Efeuranken
Sendet alte Liedgedanken
Zeitlos schön, doch voller Weh,
Bis zum Hügel fern am See.